Tag 2: der Wurzelfilz muss weg, erste Funde

Der zweite Tag der Grabungskampagne begann noch einmal mit weiterem Freiräumen der Grabungsflächen und viel Zupfarbeit aufgrund von Wurzelfilz, insbesondere bei den gestern als Fahrspuren eingeschätzten Vertiefungen in Schnitt 2. Doch schnell wurde es auch schon wieder aufregend, denn sowohl in Schnitt 1 als auch in Schnitt 2 konnten bereits erste Funde gemacht werden. In beiden Schnitten fand sich an mehreren Stellen Holzkohle und in Grabungsschnitt 2, der über einen Grabenabschnitt hinwegreicht, ein Silex sowie ein faustgroßer brandrissiger Feldstein. Da der feinsandige Boden ansonsten vollkommen steinfrei ist, dürften diese Objekte von Menschenhand an ihren Fundort gelangt sein!

Uwe Kraus von der Uni Leipzig erklärt die Funktionsweise von Tachymeter und Prismenstab.

Nach dem Frühstück gab es eine Einführung in die Arbeit mit dem Tachymeter. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten bei der Datenübertragung zwischen dem Gerät und dem Computer lief die weitere Vermessung problemlos. So war es allen möglich, das gelernte Wissen im Umgang mit dem Tachymeter direkt praktisch anzuwenden, indem die Grabungsschnitte und Funde vermessen und in Grafiken bzw. Vermessungskarten eingefügt wurden. Des Weiteren wurde auch ein Höhennivellement der Grabungsschnitte angefertigt und die beiden Grabungsflächen noch einmal verlängert.

Danach war es Zeit, um mit der eigentlichen Ausgrabungstätigkeit zu beginnen: Dazu wurden auf den nun in Gänze freigeräumten Grabungsflächen zunächst Planums- und Profilschnitte mit Schnüren und Nadeln abgesteckt. Danach ging es weiter mit dem feinschichtigen Abtrag der ersten Bodenschichten, was in den nächsten Tagen fortgesetzt wird. Diese Arbeit wird uns stetig tiefer führen und uns hoffentlich noch viele weitere spannende Funde bescheren!

Erkenntnisse des Tages: Vermeintliche Fahrrinnen entpuppen sich bei der Gesamtbetrachtung des Geländes anhand von Laserscans als Spuren vom Tiefenpflug. Und: das Arbeiten auf der Fläche macht ohne Farn viel mehr Spaß.

Blick in Schnitt 2: Nachdem der Wurzelfilz entfernt ist, werden die Spuren vom Tiefenpflug deutlich sichtbar.

Tag 1: Farn und Fixpunkte

Heute war also der erste Tag und für einige TeilnehmerInnen war es überhaupt der erste Tag auf einer archäologischen Ausgrabung. Es galt zunächst die Untersuchungsbereiche vom dichten Bewuchs zu befreien, um den Erhaltungszustand des Walles einzuschätzen. Dabei zeigte sich, dass der Wall im Osten arg in Mitleidenschaft gezogen ist – tiefe Fahrspuren ziehen quer über den Wall hinweg. Dafür konnte man hier den mittlerweile verfüllten Graben recht deutlich erkennen. Doch wie tief dieser tatsächlich einmal war, lässt sich bis jetzt natürlich noch nicht abschätzen. Im nördlichen Abschnitt ist der Wall offenbar besser erhalten, auch wenn man jetzt noch nicht sagen kann, wie es unter der Oberfläche ausschaut. Bisher fehlen an dieser Stelle Hinweise auf den im Osten belegten Graben. Ob dieser tatsächlich nur im Osten – sozusagen als zusätzliche Abschnittsbefestigung – angelegt war, oder nicht doch um den kompletten Ringwall herum verlief, das ist eine der Fragen, die an diesem Grabungsabschnitt geklärt werden sollen.

Das Grabungsteam auf dem Weg zum Einsatzort. Das Wetter spielt mit!

Das Wetter spielte auch mit, sodass wir am Morgen voller Elan mit den Arbeiten beginnen konnten. Ein Grabungszelt von der Kreis- und Stadtarchäologie Gifhorn dient uns in den nächsten Tagen als Unterschlupf, wenn der Regen doch einmal Überhand nehmen sollte. Nachdem wir also unser Basiscamp eingerichtet und die Untersuchungsflächen vom Farn beräumt hatten, hieß es zum Abschluss, den Umgang mit der Vermessungstechnik zu üben. Dafür nutzten wir ein Differential-GPS, mit dem wir sogenannte Fixpunkte ermittelten. Diese Fixpunkte dienen dazu, alle Auffälligkeiten zentimetergenau einzumessen. Die genaue Messtechnik dafür werden wir in den nächsten Tagen kennenlernen.

Eine anstrengende Arbeit: Vor dem Start der archäologischen Untersuchung gilt es den Farn zu entfernen.

In jedem Fall scheint es zwischen der Stadt- und Kreisarchäolgie Gifhorn, dem Museums- und Heimatverein und den Leipzigern gut zu passen. Der erste interessante Tag macht Lust auf mehr!

Ein paar Infos vorab

Bevor es morgen losgeht, sollen noch ein paar Informationen zur „Sassenburg“ vorausgeschickt werden. Das Gelände der eigentlichen Fundstelle ist zunächst einmal recht unspektakulär und aufgrund des sehr dichten Farn-Bewuches nur schwer zu interpretieren. Alte Planaufnahmen sowie moderne Laservermessungen zeigen jedoch deutlich einen annähernd kreisrunden Wall von etwa 65 m Durchmesser und stellenweise noch beeindruckender Höhe. Auf der Ostseite des Walls sind noch Teile eines Grabens vorhanden.

Planaufnahme der Sassenburg durch von Carl Schuchardt aus den Jahren 1903/1904.

Vergleichbare Anlagen werden meist in das ausgehende Frühmittelalter datiert, also ungefähr in die Zeit vom 9. bis 11. Jahrhundert. Beispiele sind etwa der Ringwall von Burg bei Altencelle oder die „Hünenburg“ bei Stöttinghausen (Lk. Diepholz). Für gewöhnlich handelt es sich dabei nicht um dauerhaft bewohnte Plätze, sondern um Verteidigungsanlagen, die nur in Notzeiten aufgesucht wurden. Große Mengen an Fundmaterial sind daher auch an der Sassenburg nicht zu erwarten. Im Vordergrund steht vielmehr, den Aufbau von Wall und Graben genau zu untersuchen und ggf. Probenmaterial zu gewinnen, das dann in einem C14-Labor genauer datiert werden kann. Ein weiteres Ziel ist es, den Innenbereich auf mögliche Spuren einer dauerhaften Bebauung zu untersuchen.

Ausgrabungen auf der Sassenburg

Etwa vier Kilometer östlich des Gifhorner Stadtzentrums liegt an einer alten Aller-Furt das größte Bodendenkmal der Stadt: die Sassenburg. Obwohl die Sassenburg eines der wichtigsten Bodendenkmale in und um Gifhorn ist, liegen über sie so gut wie keine gesicherten Informationen vor. Das soll sich nun ändern: Vom 2. bis zum 27. August führen die Archäologische Arbeitsgemeinschaft im Museums- und Heimatvereins Gifhorn e.V., die Universität Leipzig (Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte) und die Kreis- und Stadtarchäologie Gifhorn eine archäologische Untersuchung durch, um Hinweise auf die Zeitstellung und Funktion der Befestigung zu gewinnen.

Finanzielle Unterstützung erhalten die Forschenden von der Niedersächsischen BINGO-Umweltstiftung, die das Vorhaben mit einem Betrag von 4400 Euro unterstützt. Weitere logistische und finanzielle Hilfe kommen von der Stadt und dem Landkreis Gifhorn sowie nicht zuletzt vom Museums- und Heimatverein Gifhorn e.V.

Die Lage der Sassenburg in der oberen Allerniederung östlich von Gifhorn. Kleine Karte: Umzeichnung der erhaltenen Wall- und Grabenstrukturen im Gelände.

Ab dem 2. August können Sie sich hier über die aktuellen Grabungsfortschritte informieren.

MHV unterstützt die Archäologie

Totalstation ersetzt Maßband und Zollstock

Sabine Kreipe-Winnat bei Vermessungsarbeiten in Steinhorst.

Bei archäologischen Ausgrabungen ist eine genaue Vermessung und Dokumentation unerlässlich. In der Vergangenheit mussten sich die Archäologische Arbeitsgemeinschaft und die Kreis- und Stadtarchäologie dabei auf traditionelle Werkzeuge wie Maßband, Zollstock und Nivelliergerät verlassen. Mit finanzieller Unterstützung des Museums- und Heimatvereins Gifhorn wurde nun eine moderne Totalstation angeschafft, so dass Funde und Befunde in Zukunft noch genauer und wesentlich schneller eingemessen werden können. Vor allem die Zeitersparnis ist bei Notbergungen ein wichtiger Vorteil gegenüber den althergebrachten Dokumentationsmethoden.

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Archäologische Arbeitsgemeinschaft gräbt in Steinhorst: Mittelalterliche Gerberei entdeckt

Die Grabungsfläche von oben (Foto: A. Kusmin / Archäologische Arbeitsgemeinschaft).

Bei den Untersuchungen auf dem Areal des zukünftigen EDEKA-Marktes in Steinhorst machten die Mitglieder der Archäologischen Arbeitsgemeinschaft Gifhorn eine bemerkenswerte Entdeckung: Kurz vor dem vorläufigen Abschluss der Grabungen kamen die Überreste einer mittelalterlichen Gerberei zum Vorschein. Die Archäologen haben einen rund 1,30 x 1,0 m großen Holzkasten gefunden, dessen Hölzer aufgrund feuchter Bedingungen weitgehend erhalten geblieben sind. In der Verfüllung lagen neben Keramikscherben, Holzstückchen und Eicheln auch Lederreste und Tierknochen. Weiterlesen